Nach einem Jahr Pause wurden heuer auf Initiative des BhW Niederösterreichs Niederösterreichs Vorbilder in Sachen Barrierefreiheit ausgezeichnet. Überreicht wurden die insgesamt zwölf Preise in sechs Kategorien von Landesrat Ludwig Schleritzko und Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister. Moderiert wurde die Veranstaltung in einem Duett aus gesprochener Sprache und Gebärdensprache von „Vorbild Barrierefreiheit“-Projektleiterin Birgit Masopust und dem Obmann des Gehörlosenverbandes, Lukas Huber, dessen Muttersprache die österreichische Gebärdensprache ist.
„Es gibt unzählige engagierte Menschen, die sich unermüdlich für den Abbau von Barrieren einsetzen. Mit der Auszeichnung holen wir genau diese Menschen vor den Vorhang“, betonen Schleritzko und Teschl-Hofmeister. „Seit 2018 bekommen wir Jahr für Jahr wertvolle Einreichungen und freuen uns sehr, die besten darunter auszeichnen zu können. Die vielen neuen Ideen, die uns erreichen, sind wichtige Inputs für die Richtung, in die wir in Niederösterreich gehen wollen“, berichtet der für Erwachsenenbildung und Gemeinden zuständige Landesrat Schleritzko.
Auch Soziallandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister ist das bestmögliche Erreichen von Barrierefreiheit in ihrem Bundesland ein großes Anliegen. „In vielen Bereichen unseres Lebens existieren Barrieren“, betont die Landesrätin. „Nicht alle sind so gesegnet, diese problemlos überwinden zu können. Unser gemeinsames Ziel muss es also sein, Barrieren bestmöglich abzubauen. Umso stolzer bin ich, Projekte mit genau diesem Ziel auszeichnen zu dürfen.“
Im Bezirk St. Pölten gibt es insgesamt vier PreisträgerInnen.
In der Kategorie Gemeinde wurde die Gemeinde Böheimkirchen für ein umfassendes, barrierefreies Ortskonzept ausgezeichnet. Ziel dieser Umsetzungen ist es, dass Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe am Ortsleben teilhaben können und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden können. Das Rathaus und das Bürgerzentrum wurden um- und neugebaut. Hierzu wurde ein Lift, ein barrierefreies WC, ein Arbeitsplatz (Rollstuhlfahrer als Mitarbeiter), Verbindungsrampen zu Kirche und zum Schulzentrum errichtet. In den Veranstaltungsräumen wurde eine induktive Höranlage eingebaut und Blindenleitsysteme errichtet. Das Schulzentrum wurde ebenfalls umgebaut: Lifte und Handläufe wurden normgerecht gestaltet. Die Mittelschule wurde mit einem Blindenleitsystem ausgestattet. Ein barrierefreier Parkplatz davor errichtet. Im öffentlichen Bereich wurden Blindenleitsysteme installiert. Es gibt sogar ein eigenes Sicherheitskonzept im Brandfall für Menschen mit Behinderung. Der Bahnhof wurde mit zwei Aufzugsanlagen erweitert. Anbindung der Bahnsteige durch taktile Leitsysteme. Der Schotterplatz im Park wurde zu einem Hartplatz umgebaut.
In der Kategorie Bildung/Medien/Digitale Barrierefreiheit und Kommunikation wurde die Bertha von Suttner Privatuniversität ausgezeichnet. Die Bertha von Suttner Privatuniversität legt einen großen Schwerpunkt bei Bildungsangeboten und Forschungsprojekten im Bereich Inklusion. Diese akademische Herangehensweise zum Thema Inklusion ist einzigartig und damit ein Vorreiter. Diese Lehrgänge und Sensibilisierungsmaßnahmen sind vorbildlich.
In der Kategorie Personen/Institutionen gingen beide Preise in den Bezirk St. Pölten. Zum einen wurde die Pielachtal Mobilitätsoffensive ausgezeichnet. Die Mobilitätsoffensive Pielachtal Mobil schafft ein zusätzliches Mobilitätsangebot in den teilnehmenden Gemeinden. Den Bürger*innen im Pielachtal werden zusätzliche Mobilitätsangebote mittels der e-Mobilität (z.B. e-Fahrtendienst, e-carsharing) ermöglicht. Mobilitätseingeschränkte Personen profitieren von dem Angebot. Sie können kostengünstig Wege zurücklegen und so den sozialen Kontakt aufrechterhalten. Dieses Projekt überzeugt auch von der generationsübergreifenden Denkweise: Eltern werden entlastet durch die Hol und Bringdienste – Generationen werden vernetzt.
Zum anderen wurde das Projekt Accessible Fitness ausgezeichnet, an dem die FH St. Pölten beteiligt ist. Es geht dabei um Planung und Bau eines Calesthenics Park für beeinträchtigte Jugendliche, Schwerpunkt Sehbeeinträchtigung. Durch QR-Codes wird den Jugendlichen ein Bewegungsangebot am Calesthenics-Gerüst angeboten und Orientierung geboten. Die Bewegungsaufgaben werden entsprechend angeleitet, somit wird ein selbstständiges Training der Jugendlichen mit dem eigenen Körpergewicht zu ermöglichen.
Die PreisträgerInnen wurden von einer Jury ausgewählt, die sich aus acht namhaften ExpertInnen mit und ohne Behinderung zusammensetzt. So befinden sich unter den JurorInnen etwa die Geschäftsführerin des Gehörlosenverbands NÖ, Ines Bamberger, die bei der Veranstaltung spontan als Gebärdendolmetscherin einsprang, sowie Claudia Grübler-Camerloher, NÖ Gleichbehandlungsbeauftragte-Stellvertreterin der Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsstelle NÖ und Gerald Poyssl, Landesgeschäftsführer des NÖ Gemeindebunds.
Was macht das BhW Niederösterreich und was bedeutet Barrierefreiheit?
Barrieren können sehr unterschiedlich sein: Es gibt bauliche und digitale Barrieren, Barrieren beim Zusammenleben, beim Verstehen und beim Kommunizieren. Es ist sehr wichtig, auf dieses Thema immer wieder aufmerksam zu machen, um den Abbau von Barrieren voranzutreiben. Das Bildungswerk BhW Niederösterreich setzt sich dafür ein, dass alle Menschen ein selbstständiges und barrierefreies Leben führen können. Ein weiteres Ziel des Bildungswerkes ist es, darüber aufzuklären, dass nicht nur Menschen mit Behinderungen eine barrierefreie Umwelt brauchen. Wir alle profitieren davon. Die Barrierefreiheit muss verstanden werden und in der Mitte der Gesellschaft stehen – sie muss eine Selbstverständlichkeit werden.
Deshalb geht das BhW Niederösterreich mit gutem Beispiel voran und organisiert die Abschlussveranstaltung „Vorbild Barrierefreiheit 2021“ so, dass Menschen mit Behinderungen wichtige Teile übernehmen. Dies soll zur Normalität werden. Überall.